Über die vergangenen Jahre gelang es zahlreichen Unternehmen, ihr Betriebsvermögen beträchtlich zu steigern. Auf den Betriebskonten sammelte sich hohe Liquidität an. Was sich im ersten Moment als sehr erfreulich dar- stellt, kann für das Unternehmen und seinen CFO Fluch und Segen zugleich sein. Auf der einen Seite gewähren große Liquiditätspolster zwar Sicherheit in Zeiten von Unsicherheiten. Auf der anderen Seite führen Inflation und Negativzinsen zu einer fortwährenden Entwertung des Betriebsvermögens. Da die Europäische Zentralbank (EZB) die Banken mit Strafzinsen für Ein- lagen belegt, geben Banken diese Strafzinsen in Form von Negativzinsen an vermögende Unternehmen und Privatpersonen weiter. Nachdem zu Beginn insbesondere Guthaben ober- halb der 500.000-€-Schwelle belastet wurden, werden nun sogar Vermögen ab 250.000 € mit bis zu -0,5 Prozent belastet. Bei Hinzunahme einer jähr- lichen Inflationsrate von realistischen zwei bis vier Prozent über einen mittel- bis langfristigen Betrachtungszeitraum ist die Situation für Betriebsvermögen um so prekärer einzustufen. Setzen wir das Parken des Betriebsvermögens auf dem Festgeldkonto des Unternehmens mit Nichtstun gleich, führt Nicht- stun logischerweise zu einer beständigen Entwertung und Schmälerung des Betriebsvermögens. Die sich aus dem aktuellen Nullzinsumfeld ergebende Bedrohung ist Befragungen zufolge (siehe Grafik) noch nicht vollkommen bei Unternehmerfamilien angekommen. Lediglich 28 Prozent der Unternehmerfamilien betrachten ein anhaltendes Niedrigzinsumfeldes als Gefahr für das Familien- vermögen.
Folglich zwingt die aktuelle Situation alle Unternehmerinnen und Unternehmer, sich näher mit Alternativen zum Festgeldkonto auseinanderzusetzen. Da es eine unüberschaubare Anzahl an Investitionsmöglichkeiten gibt, möchte ich mich zu Beginn mit der Frage nach der richtigen Anlage- klasse für Betriebsvermögen sowie deren Charakteristika befassen. Grob kategorisiert stehen Anlegern unter anderem Investitionen in Anleihen, Immobilien und Aktien offen. Die für das Betriebsvermögen geeignete Anlageform muss in der Lage sein, die wesentlichen Charakterzüge des Betriebsvermögens abzubilden:
Liquidität: Betriebsvermögen sollte als Sicherheitspolster jederzeit für den Unternehmer oder das Unter- nehmen verfügbar sein, sodass die Betriebsmittel dem Unternehmen je- derzeit für betriebliche Zwecke zur Verfügung stehen können.
Risiko: Unternehmen bauen Betriebs- vermögen auf, um Sicherheit für schwierige Zeiten zu schaffen. Dieses Sicherheitspolster soll trotz Investition des Betriebsvermögens wertmäßig bestehen bleiben. Daher sollten die Investitionen nicht zu großen Schwankungen (ausgedrückt durch die Volatilität) unterliegen. Wichtig ist eine geringe Schwankung des Vermögens- wertes auch deshalb, weil größere Vermögenseinbußen – wenn auch nur vorübergehend – den Gedanken des Betriebsvermögens konterkarieren.
Rendite: Angestrebt wird der Erhalt des Vermögens und nicht die Erzielung nennenswerter Renditen zur Vermögensmaximierung. Aus diesem Grund wird in Bezug auf die Anlage des Betriebsvermögens eine vergleichsweise geringe Rendite im Bereich von zwei bis vier Prozent zum Ausgleich der Inflation angestrebt. Bei der Allokation von Vermögen muss jederzeit der Zusammenhang von Rendite und Risiko berücksichtigt werden: Hohe Renditen gehen stets mit einem hohen Risiko einher. Folglich ist die angestrebte Rendite für das Betriebsvermögen auch Ausdruck unseres risikoaversen Anlageverhaltens.
Nachdem nun die wesentlichen Parameter zur Investition von Betriebsvermögen erläutert worden sind, sollen die wesentlichen Anlageklassen auf ihre Geeignetheit zur Anlage von Betriebsvermögen geprüft werden: Bei Immobilien handelt es sich um eine derzeit höchst beliebte Form der Kapitalanlage; fraglich ist jedoch die Geeignetheit im Falle von Betriebs- vermögen. Immobilien sind überaus wertbeständig, jedoch andererseits höchst illiquide und damit nicht ideal für Investitionen des Betriebsvermögens. Der Anleihenmarkt zeichnet sich zwar wie Immobilien durch Sicherheit aus, kann aber wegen zu niedriger Renditen nicht zum Werter- halt beitragen. Und Industrieanleihen bergen auch Risiken, die nicht zu unterschätzen sind. Dies führt uns zur Anlageklasse der Aktien. Wie voran- stehende Anlageklassen auch ist die Anlageklasse der Aktien gleichermaßen mit Schwächen behaftet, dennoch spricht einiges für die Aktie als Investitionsobjekt der Wahl. Infolge von Kurs- rutschen kann es aber zu erheblichen Wertverlusten sowie Illiquidität des Betriebsvermögens kommen. Unternehmensinhaber können zwar ihr investiertes Vermögen breit und einfach diversifizieren (über Länder, Branchen etc.) und damit ihr Risiko sen- ken, dennoch können gerade Extremereignisse (etwa die Finanzmarktkrise 2008 oder schwarze Schwäne wie der Wirecard-Fall) Portfolios schwerwiegend und nachhaltig treffen. Das bringt mich auch zur Frage der Geeignetheit von an Börsen gehandelten Fonds, den sogenannten exchange-traded funds (ETFs), für die Anlage des Betriebsvermögens. ETFs genießen in den Medien einen hervorragenden Ruf. Für eine Antwort auf die Frage, inwiefern ETFs sinnhaft für das Betriebsvermögen sind, braucht es eine Auseinandersetzung mit der Konstruktion eines ETFs. Diese bilden stets einen bestimmten Index 1:1 nach (sogenanntes Under- lying). Fällt nun unser Underlying, beispielsweise der DAX, fällt der das Underlying abbildende ETF im Gleich- schritt.
Um der Gefahr von Preisstürzen am Aktienmarkt entgegenzuwirken, empfehle ich die Anwendung von systematisierten Absicherungsstrategien. Weil kein Finanzmarktakteur eine Glaskugel besitzt und fallende Kurse prognostizieren kann, sollte das Betriebsvermögen zu jeder Zeit gegen Kursstürze abgesichert sein. Mittels Absicherungsstrategien kann der Anleger die Vorzüge der Anlageklasse Aktie genießen, während er sich vor der größten Gefahr, schwarzen Schwänen und Extremereignissen, wirksam schützen kann. Auch deshalb rate ich nicht zu ETFs, die keinerlei Absicherungsmechanismus besitzen, sondern zu durchdachten, defensiven und abgesicherten Strategien, die einen realen Kapitalerhalt gewährleisten und den Unternehmer in jeder Marktlage ruhig schlafen lassen. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang jene Strategien, die systematisierte Absicherungen des Portfolios vorsehen. Solche Strategien lassen sich jedoch nur in vermögens- verwaltenden Fonds finden.
Der Autor: Norbert Wolk, Geschäftsführer der Barbarossa asset management GmbH.
Barbarossa asset management ist eine innovative Fondsboutique mit Sitz in Gelnhausen. Schwerpunkte des Unternehmens sind Absicherungsstrategien, defensive Strategien, Prämienstrategien und Zinsersatz-Investments. Im Januar 2021 legte das Unternehmen zusammen mit der HANSAINVEST den „Barbarossa Europäischer Stiftungsfonds“ für defensive Investoren auf. Geschäftsführer Norbert Wolk verfügt über eine 30-jährige Börsenhandelserfahrung, vor allem im Bereich Risikomanagement mit Prämienstrategien.
Dieser Artikel wurde in der IHK-Zeitschrift Wirtschaftsraum Hanau-Kinzigtal im November 2021 veröffentlicht.