Stiftungen kommen um Investitionen in Aktien kaum noch herum. Denn sie müssen ausreichend Kapital erwirtschaften, um ihren Stiftungszweck erfüllen zu können. Doch damit steigen auch die Risiken.Entscheidend für den langfristigen Erfolg an den Finanzmärkten ist die Verlustbegrenzung. Risikomanagement ist hier ein wichtiger Baustein.
Ende Januar war die Aktienwelt noch in Ordnung. Dax & Co. am Allzeithoch, die Volatilität zeigte die ganze Zeit schon Entspannung und Entwarnung an. Die Wirtschaft boomte, keine Zinsen, also blieb doch nur die Aktie als Fluchtinvestment. Dann sauste die Börse beim Dax Anfang Februar in einem Rutsch auf die 12.000-Punkte-Marke, minus neun Prozent, die Volatilität stieg von 15 auf 40 Prozent, die Folge war Panik. In der Presse war das Wort „Crash“ allgegenwärtig.
Portfolios in früheren Zeiten enthielten aufgrund der sicheren Rendite am Rentenmarkt weitaus weniger Aktien und waren von daher auch weniger anfällig für Kursverluste. Einem Investor bleibt heutzutage allerdings kaum eine andere Wahl, als in Aktien zu investieren, um noch einigermaßen Renditen zu erwirtschaften. Das treibt die Aktienquote im Portfolio hoch, auch wenn man im Grunde genommen sehr risikoscheu ist. Deshalb sollten Anleger sich über das Thema Risikomanagement Gedanken machen, denn eines ist sicher: Die langfristige Performance wird auf dem Weg nach unten entschieden. Nur der, der ein funktionierendes Risikomanagementtool hat, kann langfristig am Aktienmarkt überleben. Wie sagt man so schön: „Die Flut hebt alle Boote.“ In guten Zeiten verdient jeder an der Börse Geld. Man sollte halt nur aufpassen, wenn die Ebbe kommt.
Entscheidend für den Handelserfolg ist, dass man die Risiken begrenzt, denn nach unten geht es meistens schneller als nach oben. Wer weniger verliert, erreicht eine bessere Performance. Das Haupt- augenmerk soll hier auf dem Thema Vermeidung von Extremrisiken liegen. Die unten stehenende Darstellung soll dies am Beispiel des Aktienfonds DWS Top Dividende verdeutlichen.
Sie zeigt: Wer ungünstig im Jahr 2008 eingestiegen ist, brauchte vier Jahre, um die Verluste wieder aufzuholen. Der Drawdown von über 40 Prozent musste dann in den kommenden Jahren mit 18,77 Prozent p.a. verdient werden, um wieder die Nulllinie zu erreichen. Will man dann die erwartete Zielrendite von acht Prozent erwirtschaften, müssen sogar auf Vierjahressicht fast 31 Prozent p.a. erzielt werden. Es sollte das Ziel sein, Extremrisiken in Form massiver Drawdowns zu vermeiden.
In 25 Jahren an der Börse erlebt man alles von der gewaltigen Hausse bis zur tiefsten Baisse. Eines lernt man daraus ganz sicherlich: Es ist nie sicher, wo oben und wo unten ist. So fair sollte jeder gegenüber sich selbst sein. Man mag ein Gefühl haben, doch sich darauf zu verlassen, ist hochproblematisch. Ganz davon zu schweigen, damit den exakten Punkt für eine Reaktion zu treffen. Über das Thema Risikomanagement erst nachzudenken, wenn es akut wird, ist in der Regel meist zu spät – und damit auch immer sehr teuer. Sich erst abzusichern, wenn die Volatilität von 15 auf 40 Prozent ansteigt, wird es teuer. Deshalb empfiehlt es sich, immer einen Airbag für die Aktien im Portfolio zu haben, ähnlich wie einen Airbag im Auto: Die kleinen Stöße federt ein Airbag nicht ab, aber wenn es wirklich mal scheppert, ist man auf der sicheren Seite.
Risikostrukturkurven Long-Only-, ungehedgter Aktieninvestments zeigen, dass eine lineare Funktion besteht: Steigt die Aktie um einen Euro, verdienen Anleger einen Euro. Fällt die Aktie um einen Euro, verlieren sie einen Euro. Dieses Risikoprofil ändern wir nun unter Absicherungsgesichtspunkten. Absicherung klingt zunächst einmal nach Kosten: So belasten etwa Kosten für eine Versicherung in Form einer Prämie die Rendite und verringern dementsprechend die Performance. Daher sollte das Ziel sein, eine Absicherung ohne große Auszahlung zu erreichen. In der Praxis hat sich eine Strategie bewährt, die man „Zero-Cost-Collar“ nennt – eine Optionsstrategie, die keine Kosten verursacht.
Beim Risikoprofil mit einem Zero-Cost-Collar wird die die Volatilität gesenkt. Vor allem im schlimmsten Fall, also bei extrem schwachen Kursen, sind Anleger nicht eins zu eins dabei. Bei der Optionsstrategie des Zero-Cost-Collars wird ein Call oberhalb des aktuellen Aktienkurses verkauft und bringt dementsprechend eine Prämieneinnahme. Man verpflichtet sich, zu einem festgelegten Preis zu einem festgelegten Zeitpunkt seine Aktie zu verkaufen. Die Praxis hat gezeigt, dass die Wahl des Basispreises circa fünf Prozent oberhalb des Aktienkurses sinnvoll ist. Mit dieser Prämie wird nun ein Put unterhalb des aktuellen Aktienkurses gekauft, so dass keine Kosten entstehen. Mit einem Put besteht das Recht, nicht die Pflicht, eine Aktie zu einem festgelegten Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verkaufen. Ziel ist es auch hier, den Put, sprich die Absicherung, mit einem Basispreis circa fünf Prozent unterhalb des Aktienkurses zu kaufen. So ergibt sich die Risikostrukturkurve.
Monat für Monat – die Laufzeit des Zero-Cost- Collars beträgt vier Wochen – wird diese Strategie an den Aktienkurs entsprechend angepasst. Folgen- des Zahlenbeispiel soll dies erläutern: Eine Aktie kostet 100 Euro. Der Assetmanager verkauft einen Call mit dem Basispreis 105 Euro zu einem Euro mit einer Laufzeit von vier Wochen. Das bedeutet, dass er sich verpflichtet, bei einem aktuellen Aktienkurs von 100 Euro die Aktie in vier Wochen zu einem Kurs von 105 Euro zu verkaufen. Dafür erhält er eine Prämie von einem Euro je Aktie. Die erhaltene Prämie setzt er ein und kauft einen Put mit einem Basispreis von 95 Euro zu einem Euro, ebenfalls mit einer Laufzeit von vier Wochen. Dies bedeutet, dass er das Recht erworben hat, die Aktie, die aktuell bei 100 Euro notiert, in vier Wochen zu 95 Euro zu verkaufen. Hierfür bezahlt er einen Euro.
Ein Portfolio besteht sinnvollerweise aus Diversifikationsgründen aus vielen Aktien. Sinnvoll ist es, jede einzelne Aktie abzusichern und nicht nur den Dax als Hedge für z.B. deutsche Aktien auszuwählen. Dies wäre zwar einfacher, jedoch weniger effektiv. Der Grund dafür ist, dass sich bei einer Absicherung jeder einzelnen Aktie neben dem systematischen Risiko, also dem Marktrisiko, auch das unsystematische Risiko, also das unternehmensspezifische Risiko, absichern lässt. Dass es nicht unbedingt sinnvoll ist, eine deutsche Aktie mit dem Dax abzusichern, zeigte vor einiger Zeit das Beispiel Volkswagen: VW fiel, der Dax nicht.
Der Vorteil dieser Art der Absicherung ist neben dem Kostenaspekt auch die Tatsache, dass man das Bauchgefühl ausschalten kann, man also nicht gegen die bestehende Longposition z.B. Futures als „Texashedge“ (also kein Eins-zu-eins-Hedge) verkaufen muss, um dann später wieder feststellen zu müssen, dass es die falsche Entscheidung war. Der Zero-Cost-Collar bedeutet eine dauerhafte Absicherung, die böse Überraschungen vermeidet wie sie Anfang Februar wohl viele Anleger erlebten.
Dieser Artikel erschien in DIE STIFTUNG: https://www.die-stiftung.de/